Ein Phänomen unserer Zeit

Die Papiere werden nie eingereicht. Kein Richter hört jemals einen Fall, aber immer mehr erwachsene Kinder lassen sich von ihren Eltern scheiden. Der Kontakt bricht völlig ab. Aber was ist die Ursache für die zunehmende Entfremdung und den Kontaktabbruch der Kinder zu ihren Eltern.

Ich habe einmal in meinen Gruppen recherchiert und musste erkennen, dass mehr als 80% der verlassenen Eltern den Grund nur erahnen können. Diese Zahl spiegelt die Schwierigkeiten wider, die viele erwachsene Kinder haben, bei und mit der Kommunikation ihrer Eltern.

Britische Forscher haben heraus gefunden, dass es 90% die [erwachsenen] Kinder sind, die den Kontakt abbrechen. Tatsächlich, stellten die Forscher fest, dass es immer die jüngere Generation ist, die den Bruch vollzieht. Ein trauriges Spiegelbild unserer Zeit und Gesellschaft.

Bevor ich meine Gedanken hier aufschreibe, möchte ich einige Worte von Kindern wiedergeben. Aber auch von verlassenen Eltern.

Nachdenklich machen mich beide Seiten. Von den Kindern habe ich gelernt. Die Eltern verstehe ich und stärke ihnen den Rücken.

D. – Eine verlassene Mutter –

„Meine Seele weint ein Leben lang.

Mittlerweile habe ich es aber akzeptiert.

Das eigentliche Muttergefühl ist gerissen. Wenn ich Fotos von ihr sehe, ist es, als würde ich nur noch eine Bekannte anschauen. ❤️“


S. – Tochter mit Kontaktabbruch zur Mutter –

„Ich habe vor 7 Jahren per Brief den Kontakt zur Mutter beendet.

Es gibt unzählige Gründe, vor allem aus der Kindheit.

Das Schlimmste, das Desinteresse an meiner Person.

Ich fühle mich jetzt befreit.

Gefragt und gemeldet hat sie sich nie.“

Liebe S.

Wir hatten ein sehr respektvolles Gespräch. Bei manchen Dingen habe ich schlucken müssen. Denn vielleicht waren auch Antworten auf meine Fragen dabei. Danke für deine Offenheit. ❤


B. – Eine verlassene Mutter –

„Obwohl es Tausende betrifft, ist es immer noch ein Tabuthema. Wir können doch nicht allein die Schuldigen sein. Ich finde das Verhalten meines Kindes so richtig kindisch. Meines Erachtens sind es allesamt „Kinder“ die kein Selbstwertgefühl haben.

Ihre Kindheit bei uns lässt sich doch nicht auslöschen. Wir haben sie für das Leben fit gemacht. Ihnen Werte vermittelt. Warum wird das vergessen?

Ich mache mir immer wieder bewusst, dass ich jetzt nur an mich denke… Egal wie es noch kommt. ❤️“


M. – Sohn der den Kontakt abgebrochen hat –

„Für eine gemeinsame Zukunft sehe ich keine Möglichkeit mehr. Meinen Eltern fiel es schwer Gefühle zu zeigen. Ich bin immer noch verletzt, obwohl es lange zurück liegt. Mein Lebensstil war dann der größte Brennpunkt. Ihren moralischen Kompass konnte ich nicht mehr erfüllen.

Ich musste mich aus dem Leben meiner Eltern nehmen, um zu überleben.“

Auch an dich, vielen Dank für deine Offenheit.

Ich kenne mittlerweile seine ganze Geschichte und bin todtraurig, dass die Eltern ihre Tür verschlossen haben. Ich hatte so gehofft, dass sich die Tür zu deinem kleinen Universum nochmals öffnet.

Lieber M.,
ich weiß, dass du „überliebt“ wurdest und ich bete, dass ihr euren Konflikt noch lösen könnt. ❤️


Funkstille

Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich nur immer wieder sagen.

Wer seine Mutter verleugnet, verleugnet sein Leben. Diesen Satz erwähnte ich schon einmal.

Dies, sagte ich auch zaghaft und äußerst vorsichtig, den Kindern, die mit mir zu diesem Thema redeten.

Sekunden vergingen, bis dieser Satz bei den Kindern angekommen ist. Schlucken und Tränen in den Augen.

Nein, ich wollte nicht mit dem Zeigefinger auf sie zeigen. Denn immer, wenn ich mit meinem Zeigefinger auf Menschen zeige, zeigen drei Finger auf mich.

Ich wollte verstehen. Denn, da sind „Kinder“ die den Mut aufbringen zu reden!

„Ich brenne und sie kriegt es einfach nicht mit“…

So formulierte es M. als es um das Verhältnis zu seiner Mutter geht.

Eines, habe ich aus allen Gesprächen mitgenommen. Von jeder einzelnen Geschichte, ist immer nur eine Hälfte sichtbar. Hier die Kinder, da die Eltern… Nur noch durch das Schweigen verbunden.

Funkstille!

Dieser Ausdruck, so heißt es, kommt aus der Schifffahrt.

Es ist die Stille, wenn alle anderen Schiffe aufhören zu funken, damit man die Signale des einen, in Not geratenen Schiffes, hören kann.

Scheidung von den Eltern

Lieber Leser, du erkennst sicher, dass ich beide Seiten verstehen möchte. Mich immer mehr, mit den erwachsenen Kindern auseinander setze und sehr gern die eine Person wäre… diese eine Vermittlerin. Um Eltern und die Kinder an den runden Tisch zu bekommen. 🙏

Aber auch die Elternliebe scheint irgendwann eine Grenze zu erreichen. Dies ist völlig normal und ihr braucht euch dafür nicht zu schämen.

Was den Kontaktabbruch, sowohl für die Kinder als auch für die Eltern doppelt schwer macht, ist der Umstand, dass er mit einem Tabu belegt ist.

Vielleicht die einzige Gemeinsamkeit, die viele Eltern und ihre Kinder noch haben.

Die Schwierigkeit über die Funkstille zu sprechen. Dieses Karma, im besten Fall, aufzulösen.

Dazu wird es in absehbarer Zeit einen extra Blog geben. # Familien-Karma # Eine nicht zu unterschätzende Sicht auf die Dinge.

Folgende Zeilen schrieb mir vor kurzem eine Bekannte:

„Ich bin immer wieder sprachlos. Warum besinnen sich die Töchter nicht?“

Wir gehen einmal alle von dieser Welt. Ich könnte mir nicht vorstellen, so sehr mit meiner Mama zu brechen, dass sie im Alter ganz allein und ohne Hilfe ist.

Diese, deine Worte gehen mitten in mein Herz. 💔 Noch immer, denke ich über deine Zeilen nach, liebe Anne. Und dem, kann ich nichts entgegen setzen, außer Tränen.

Und nein…

Es ist nichts Leichtes. Es ist das Schwerste überhaupt: Die erste, grundlegendste Beziehung, die zwischen Eltern und Kind, zu verändern, zu erneuern und aus alten Mustern auszubrechen.

Einen neuen Anfang zu machen. Vielleicht, ist dann doch, das Schweigen der erste Schritt dahin.

Wie sehr ich es jedem von euch wünsche. Ob uns Eltern oder den Kindern. Versöhnung… 🫂 Vergebung…

Denn nur das ist der Weg zur inneren Freiheit.

Perspektivwechsel statt Schuldzuweisung

Wechselt doch einmal alle die Perspektive.

Es geht schon lange nicht mehr um Schuld. Es geht nur noch, um ein respektvolles Miteinander.

Mit jedem Tag, den wir im Unfrieden verbringen, verraten wir ein Stück unserer Seele.

Wenn wir uns versehentlich in den Finger schneiden, wissen wir sofort was zu tun ist.

Anders sieht es bei seelischen Wunden aus, die wir uns aber auch beinahe täglich zuziehen können. Was tun wir? Ersticken, verleugnen oder Weglachen?


Jeder hat sein Schicksal selbst in der Hand. Psychologen nennen das Resilienz.
Eine Fähigkeit, die man trainieren kann.

Was dafür notwendig ist:

Eine Portion Ehrlichkeit und Mut zur Veränderung.

V. Schmidt